Koslowski möchte eine Ethik entwickeln, die das Prinzip der Sachgerechtigkeit für den Finanzmarkt in den Vordergrund stellt und nicht ein übergeordnetes Prinzip (wie z. B. Menschenrechte, A.H.).
Er untersucht für jeden relevanten Bereich im Finanzwesen, zu welchem Zweck es ihn gibt und ob dieser Zweck wohlbegründet ist. K.s Maßstab für Wohlbegründetheit ist das reibungslose Funktionieren des Finanzmarktes. Alles, was dieses Funktionieren sicherstellt und nicht stört oder zerstört, ist gerechtfertigt.
Hier muss man einwenden, dass diese Rechtfertigung eine funktionale und keine ethische ist. Um eine ethische Rechtfertigung zu sein, müsste sie sich auf einen ethisch-moralischen Wert beziehen. Tatsächlich zieht Koslowski auch solche Werte heran. Er spricht von Vertrauen, das wieder aufgebaut werden müsse. Er spricht von Sicherheitswünschen der Bevölkerung und von Sicherungen von Volkswirtschaften. Diese Werte speisen sich aber nicht aus dem Finanzwesen selbst (was er verschweigt oder nicht sieht). Sie entstammen der Ethik. Insofern hält er seine Ankündigung, eine Ethik aus der Sache selbst zu entwerfen, nicht ein. (Wie sollte das auch gehen?)
Den Weg, wie Ethik in das Finanzwesen einziehen kann, sieht er nicht in staatlichen Maßnahmen oder in der Justiz, sondern in einer Selbstverpflichtung der Finanzinstitute auf Normen und Regeln und in einem darauf aufbauenden Selbstverständnis, das jeder in diesem Sektor Handelnde als grundlegend für seinen Berufszweig anerkennen und befolgen soll. Dieser Weg, Ethik einziehen zu lassen, wird schwierig. Denn auch K. ist klar, dass Ethik zunächst einmal den Standard der Regelverfolgung nur verbessern, aber nicht garantieren könne. Darüber hinaus sei - man erinnere sich an das Gefangenen-Dilemma - die Bereitschaft, den Regeln zu folgen, abhängig von den Annahmen, die jeder über das Verhalten anderer habe. Das hieße, in einem moralischen Umfeld würde eher moralisch gehandelt als außerhalb dessen. Angesichts der während der Krise und nach den Bankenrettungen gehäuften Handlungen aus Gier, Eigennutz und persönlichem Bereicherungswillen steht die von K. propagierte Selbstverpflichtung vor einer großen Herausforderung.
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Agnes Hümbs
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