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Ulrich Thielemann, System Error. Warum der freie Markt zur Unfreiheit führt.

Frankfurt/Main, München (Westend Verlag in der Piper Verlag GmbH), 2009

 

Ulrich Thielemann verpasst dem Ökonomismus eine volle philosophische Breitseite: Er nennt ihn „metaphysisch“.  Das, was sonst der Religion, den übernatürlichen Sinnfindern und den Idealisten nachgesagt wird, soll hier auf Wirtschaftstheoretiker, auf Markt- und Zahlenmenschen zutreffen. Wieso eigentlich? Thielemanns Begründung:

Der Glaube „an die höhere Vernunft des Marktes“  (132)bedeutet nichts anderes, als dass der Markt sich selbst reguliert. Dabei hat die Finanzkrise das Gegenteil bewiesen. Thielemann sieht die Hauptursache im Prinzip der Shareholder Value. Deren materieller Wertsteigerung wird alles geopfert. Auch die Moral.

 Das geht zum Beispiel so: Nicht mehr der Markt dient einem höheren Zweck, z. B. dem Wohlergehen aller. Stattdessen wird Ethik umfunktionalisiert zur Begründungstechnik für höheren und nachhaltigeren Gewinn (140). In diesem Zusammenhang unterscheidet Thielemann separatives Denken vom Ökonomismus. Separatives Denken kann Handlungen als unmöglich umsetzbar einstufen. Trotzdem kann separatives Denken sie moralisch angesagt finden. Das heißt, dass man in der Lage ist, Moral und Ethik von realen Bedingungen zu unterscheiden. Im Ökonomismus geht man anders vor: wenn eine Handlung dem Markt nicht zweckdienlich ist, dann hält man sie für falsch. Genauer gesagt. Was dem Markt nicht dient, ist ethisch falsch. Damit ist der „Markt“ als Zweck aller Werte in den Himmel der Metaphysik emporgestiegen.

Thielemanns Vorschläge, wie das rechte Maß wirtschaftlichen Handelns wieder hergestellt werden kann, haben eins gemeinsam: sie müssen global sein, sonst kommt es nur zu lokalen Unternehmensabwanderungen:

-          Die Ausbildung der Marktakteure muss an den Business-Schools in den Grundwerten so verändert werden, dass sie als Entscheider in der Lage sind, an wichtigen Schaltstellen auf Gewinnmaximierung zu verzichten (236).

-          Eine globale „Weltordnungspolitik“ (236) muss entwickelt werden, um den Zirkel  des gegenseitigen Ausspielens bei  Verzicht und Ausstieg Einzelner (die deswegen heute gar nicht aussteigen) zu unterbrechen.

-          Eine neue politische Frage muss gestellt werden. Statt zu fragen, „wie“ man die Märkte stärken kann, muss gefragt werden, ob das Stärken eines Marktes sinnvoll für alle Menschen ist.

-          Kapital muss „anständig besteuert“ werden (238), damit es wieder eher dem Konsum zur Verfügung gestellt wird. Steueroasen und Steuerbefreiungen für Steuerausländer müssen abgeschafft werden.

-          Anreize zur maßlosen Spekulation müssen reduziert werden, das heißt, Boni müssen begrenzt werden, um „vom Shareholder Value“ ‚abweichenden Relevanzen‘ eine Chance zu geben.

Man kann sich lebhaft vorstellen, welche Gegner Ulrich Thielemann hat…


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